17.11.11 - Geraldton, Australien
Westaustralien - das ist Natur pur. Und zwar in scheinbar endlosen Dimensionen sogar! Nicht nur wegen der unglaublichen Distanzen - dieser kompletten Absenz aller Zivilisation. Da fährt man schon mal zwei, drei Hundert Kilometer, ohne auch nur eine Hütte oder einen Telefonmasten in dieser menschenleeren Gegend zu entdecken. Karges Buschland, Pisten, Highways, endlose Strände, tiefblaues Meer. Auf den Punkt gebracht: Atemberaubend!
Wir mäandrierten langsam von Cape Leveque, respektive Broome hinunter nach Geraldton und zogen uns einen Nationalpark nach dem anderen rein, welche so abwechslungsreich und so unterschiedlich waren, dass man es kaum für möglich hielte: Die tief in die farbig geschichteten Felsen und eingeschnittenen Schluchten des Karijini Nationalparks mit ihren herrlich kühlen Felsenpools, oder die Dutzenden von Kängurus, welche im Cape Range N.P. plötzlich ihre Ohren hinter den Büschen hervorstreckten, als die Dämmerung einbrach, oder die Massenorgie Hunderter Meeresschildkröten an den Stränden vom Ningaloo Marinepark, oder die unzähligen Haie und Adlerrochen, welche im seichten Wasser ihre Runden zogen und man bequem vom Strand aus beobachten konnte, und und und... Wir schlitterten von faszinierendem Highlight zu Highlight.
Dass wir nebenbei noch Delfine von Hand mit Fischen füttern konnten und Känguru-Babys die Flasche gebend durften, und all die anderen Kleinigkeiten, die das Zigeunerherz höher schlagen lässt, das alles im Detail zu erläutern würde den Rahmen dieses Telegramms eindeutig sprengen.
Und nun schrumpfen die Dimensionen auch schon wieder: Die Abstände zwischen den Ortschaften schwinden, es wird grüner, die ersten Felder tauchen auf. Schafe ersetzen die Kängurus in der Szenerie. Zurück in der Zivilisation.
Gut so, denn unser Monsterkarren hat doch den einen und anderen Schluckauf davongetragen von all den Sand-, Schotter- und Wellblechpisten. Brö entpuppt sich zwar langsam als gewiefter Automechaniker, aber Ersatzteile kriegt man in Westaustralien eben nur in Ortschaften mit mehr als tausend Einwohnern. Und davon sahen wir auf den letzten fast zehntausend Kilometern keine...
Senden ein paar warme Sonnenstrahlen in klamme Stuben der neblig-grau-trüben nördlichen Hemisphäre :-)
08.10.11 - Derby, Australien
Schneller Vorlauf durch die letzten zwei Monate: Sitzen unter der Veranda unseres neuen Daheims und schauen aufs Meer.
... Und was dazwischen passierte: Da wir in Alice Springs etwas gar lange auf ein Ersatzteil warten mussten und wir zappelig wurden - nicht, dass wir es auf dem schattigen Campingplatz mit den putzigen kleinen Wallabys, die einem aus der Hand frassen und sich sogar knuddeln liessen, nicht eine Weile ausgehalten hätten - mieteten wir uns einen kleinen Bus und brausten auf direktem Weg ins Herz des Kontinents. Bis wir vor dem mystischen Ayers Rock standen, welcher sich majestätisch rot leuchtend mehrere hundert Meter aus der ansonsten flachen Landschaft erhebt. Die Aussicht von und auf den vermeintlichen Monolithen war atemberaubend und die Wanderungen durch die Olgas und den Kings Canyon nicht minder spektakulär. Vom Outback können wir einfach nie genug kriegen - schlicht genial!
Deshalb freuten wir uns auch auf die bevorstehende Strecke hinauf in den Norden. Die neue Nabe, respektive das frisch eingespeichte Rad, machte uns jedoch auf dem Weg von Alice Springs nach Darwin wenig Freude. NEUN gebrochene Speichen auf 1‘500 Kilometern - das ist ein neuer Rekord! Aber nicht nur wegen technischer Hindernisse war die Fahrt auf dem Stuart Highway nicht besonders angenehm, sondern auch wegen der von flächendeckenden Buschfeuern ausgebrannte Savanne rechts und links des endlosen Asphaltbandes mit zu vielen vorbeirasenden Autos, Wohnwagen und Road Trains. Hätten wir doch auf unsere Eingebung gehört und wären auf dem einsamen Wüsten-Track durch die Tanami geradelt... Outback macht eben vor allem dann spass, wenn du ganz alleine dort draussen bist und nachts Dingos heulen hörst und nicht vorbeidonnernde 50meter-Lasterzüge, die mit über zwanzig Achsen und drei bis vier Anhängern den Boden zum erzittern bringen und nicht dein Camp auf einem - zugegebenermassen praktischen - Rastplatz mit dreissig „Grauen Nomaden“ (= rüstige Rentner in monströsen Caravans) teilen musst...
Nun, im Nachhinein ist man immer schlauer und nach knapp zwei Wochen waren wir auch schon am Ziel in Darwin. Und zwar wörtlich. Hier nämlich gönnten wir unserem Tandem neben einem erneuten Radwechsel und einer Spa-Behandlung beim Alu-Schweisser eine wohlverdiente Verschnaufpause. über 5‘000km in 3 Monaten - das ist definitiv etwas über unserer üblichen Kilometerleistung! ;-)
Wir wollten also mal was neues probieren und kauften uns selber einen Monsterkarren, an welchem die Offroader-Initianten ihre helle Freude hätten: 2.5-Tonnen-Sechszylinder-Benzinschlucker mit extrastabilem Kuhfänger. Cool, nicht? Aber im Gegensatz zur kleinen vollasphaltierten Schweiz kann man so ein Riesenteil hier wenigstens auch gebrauchen. Wir investierten eine gute Woche in einen Totalumbau und brausten im bequemen neuen trauten Heim davon.
Erste Offroad-Erfahrungen sammelten wir im Litchfield-Nationalpark, in welchem wir wegen drohendem Bewegungsmangel ausnahmslos alle ausgeschilderten Wanderungen machten. Belohnt wurden wir jeweils mit einem erfrischenden Bad in den lauschigsten Felsenpools die man sich vorstellen kann. Nach diesem Trip waren wir gewappnet für die berühmte Gibb-River-Road, welche mitten durch die „wilden“ Kimberley führt. Eine Woche lang schluckten wir den roten Staub, welcher in einer langen Fahne hinter unserem Holden Jackaroo herzog, wenn wir mit Achtzig über die holprigen Waschbrettpisten donnerten. Abseits der rauen Pisten ging es noch etwas ruppiger zu und her, aber mittlerweile haben wir es im Griff, was wir dem Fahrgestell und unserer Wirbelsäule zumuten können :-)
Auch in den Kimberley nutzen wir jede Gelegenheit, uns die Beine zu vertreten und die auf den ersten Blick eher karge Landschaft bot in versteckten tiefen, teilweise üppig vegetierten Schluchten immer wieder herrliche Bademöglichkeiten. Wir genossen unsere kleine Villa auf vier Rädern mit integriertem Schlafzimmer, Freiluftbadezimmer, schwenk-und-ausklappbarer Küche mit Lounge und Veranda mit täglich wechselndem Ausblick. Vielleicht haben uns die „Grauen Nomaden“ ja doch etwas angefixt :-)
Zu schnell waren wir am Ende der Piste und standen am Pier von Derby. Hier schauen wir den Gezeiten zu, welche das Wasser im Rhythmus des Mondes erstaunliche 12 Meter hoch schieben und geniessen bei Fisch & Chips und einem kühlen Bier den herrlichen Sonnenuntergang. Mit baden ist trotz 35° im Schatten nix, denn die putzigen Krokodile würden wohl auch unsere etwas erschlaffenden Radlerwaden noch genügend knackig fürs Abendessen finden...
01.08.11 - Alice Springs, Australien
Zurück in der Zivilisation - mitten im Roten Zentrum: Alice Springs. Statt rot sahen wir die letzten Wochen aber nur grün - und das bezieht sich nicht etwa auf Verkehrsampeln; denn von denen hat es hier zum Glück keine.
Es war schlicht genial, durch die unendliche Einsamkeit des Outbacks zu radeln! Die vorbeifahrenden Autos konnte man täglich an einer Hand abzählen und unser Nachtlager errichteten wir dort wo es uns gerade passte - meist auf weiten roten Schotter-Ebenen, die an Mondlandschaften erinnerten. Und zwar weil es a) surreal schön war und b) sich die Ratten lieber in den Büschen tummelten. Denn diese Viecher haben uns so einige schlaflose Nächte bereitet, wenn sie alles aus dem Vorzelt abzügelten, was nicht niet- und nagelfest war oder vergnügt über die Kuppel des Innenzeltes spazierten, als sei unser Zelt eine Zirkusmanege!
So grün war es nämlich im Outback seit Jahrzehnten nicht mehr und in weiten Teilen des Landes herrschte eine Ratten- und Mäuseplage. Es hatte so viel geregnet, dass die sonst kargen Wüsten bunt erblühten und sich die sonst trockenen Salzseen füllten. Zum Glück waren aber die grössten Regengüsse längst vorbeigezogen und wir blieben nur einmal im Morast stecken. Ansonsten ratterten wir im Schritttempo über Schotter, Geröll und Wellblechpisten, schoben das Tandem durch ein paar Sandpassagen und freuten uns über die platt gewalzten Tonerde-Abschnitte. Interessanterweise, machte es sich der Wind zur Aufgabe, uns immer genau von vorne anzupusten, egal in welche Himmelsrichtung wir steuerten...
Wir rumpelten den legendären Birdsville-Track runter bis nach Marree und dann dem spektakulären aber ebenfalls rauhen Oodnadatta-Track entlang wieder nach Norden. Bis unser Freilauf definitiv den Geist aufgab und wir mitten im Nirgendwo festsassen. Aber nichts, was man mit ein paar zugesäbelten Zeltheringen und einigen Metern Schnur und etwas Geschick und viel Kreativität nicht reparieren könnte. Mit Ach und Krach und ein paar gebrochenen Speichen schafften wir auch noch die letzten zweihundert Kilometer zurück bis zum asphaltierten Stuart-Highway, von wo aus wir per Anhalter direkt nach Alice Springs fuhren, um das Hinterrad nicht noch komplett zu verabschieden.
Hier warten wir nun auf das Ersatzteil, ruhen uns etwas aus und erlaben uns an der üppigen Auswahl von Leckereien in den Supermärkten. Wir hoffen, bald weiter Richtung Darwin zu brettern. Es wird zum Glück wieder etwas wärmer und die frühmorgendlichen Minustemperaturen gehören (hoffentlich) der Vergangenheit an :-)
22.06.11 - Mount Isa, Australien
Das Great Barrier Reef - das längste Korallenriff der Erde, das wollten wir uns als passionierte Taucher natürlich nicht entgehen lassen. Die Tauchsafari führte zu den angeblich besten Orten des Riffs. Haie sahen wir in Hülle und Fülle aber ansonsten waren wir eher mässig beeindruckt von den Tauchplätzen. Schön war es aber allemal auf hoher See und ein kühles Bier bei Sonnenuntergang war eine gute Einstimmung auf den Australian Way of Life!
Zurück auf dem Campingplatz in Cairns warteten wir noch auf das restliche Gepäck aus Neuseeland, aber es gefiel uns so gut, dass wir gleich mal eine Woche Ferien einlegten, bevor wir uns wieder auf die Velosättel schmissen. Von da an ging es westwärts und zwar schwer beladen. Erst mal rauf aufs Atherton Tableland, welches auch nach einem beachtlichen Aufstieg partout nicht flach sein wollte. Dafür war es ausserordentlich grün und kühl - als ob man in der Schweiz wäre :-)
Dann aber wurde es allmählich trockener und die Vegetation karger. Die Hügel liefen allmählich zu kaum merklichen Wellen aus und wir liessen uns langsam zur Golfküste treiben. In Normanton - staubig und am Ende der Welt - liessen wir uns Mitreissen vom Megaevent des Jahres: dem lokalen Rodeo! Wir zelteten zwei Tage zwischen wiehernden Pferden, Lagerfeuern und enormen Pickup-Trucks und liessen uns von Lasso schwingenden Cowgirls und furchtlosen Cowboys auf wilden Bullen in Bann ziehen. Das war Outback pur!
Wir sind sehr gespannt, was sonst noch alles in dieser menschenleeren Gegend auf uns zukommt! Auf jeden Fall haben wir trotz stetigem Gegenwind und ausgefressenen Radlagern beschlossen, eine kleine Zusatzschleife über die staubigen Pisten nach Süden einzubauen... sind mal eine Weile offline - catch you later!
15.05.11 - Cairns, Australien
Von Wellington aus ging es per Zug nach Auckland. Das Wetter setzte gleich zu Beginn den Trend für den kommenden Monat: es regnete Bindfäden und wir sahen während der zwölfstündigen Zugfahrt kaum weiter als bis zu den Fenstern.
Zum Glück hatten wir für die Nordinsel zu einen Quantensprung in Sachen Transport angesetzt: Wir parkierten für drei Wochen unser Tandem in der Garage und brausten dafür mit einem Camping-Bus durch die Gegend. Mit Radio, Scheibenwischer und Dach über dem Kopf :-)
Damit hatten wir nicht nur die Gelegenheit, den Elementen ein Schnäppchen zu schlagen, sondern auch Orte zu besuchen, welche etwas abseits der Piste lagen. Was uns allerdings zu einem reichlich ausgefüllten Programm verhalf - es war fast anstrengender per Gaspedal, statt per Muskelkraft die Gegend zu erkunden. Wir gehörten zu den Ersten, welche sich morgens auf den Weg machten und schlichen uns oftmals erst nach dem Eindunkeln auf den Campingplatz. Neuseelands Strassen mit ihren zigmillionen Kurven bremsen Vierräder ziemlich aus...
Ob all dieser Fahrerei blieb uns aber doch noch Zeit für die eine oder andere Wanderung und zweimal (okay, nicht nur wegen des Programms, sondern auch wegen des Wetters) schafften wir es unsere bequemen Klappsessel aufzustellen und ein Bierchen mit Meersicht zu geniessen.
Eine knappe Woche vor Ablauf unseres Neuseelandvisums erhielten wir grünes Licht von der australischen Einwanderungsbehörde, und ein paar Tage später landeten wir auch bereits auf dem riesigen Kontinent. Tropisch-sonnig-warm hier in Carins - Badehose und Flipflops sind angesagt. Yeah!