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2. März 2007 - 1. April 2007
Reisetag Nr. 873 - 903

LuzernNicht mehr nur mit, sondern auch als Tandem unterwegs

Nicht, dass es zuhause nicht streng gewesen wäre. Man arbeite erst mal ein ganzes Jahr ohne Ferien! Und zeitweise hetzten wir nach getaner Arbeit von Einladung zu Einladung (was wir natürlich sehr genossen, aber mit der Zeit hängt es einem schon ein bisschen an). Nicht nur physisch, das natürlich auch. Wir mussten wohl einen ziemlich ausgemergelten Eindruck hinterlassen haben bei unserer Ankunft, jedenfalls päppelte man uns wieder gehörig auf, sodass wir zum zweiten Abschnitt mit einem guten Polster starten konnten.

Wir dachten natürlich, die letzte Woche würde dieses Mal nicht ganz so stressig werden wie vor dem Start zum ersten Teil. Und tatsächlich gingen wir sie auch ganz locker an, verbrachten die Zeit lieber plaudernd mit unseren Gastgebern, als uns endlich um unseren Kram zu kümmern. Dies bescherte uns dann doch noch ein paar hektische Stunden in letzter Minute (sagt man das?), aber just in time schafften wir es, unseren Göppel zu packen und in die Stadt zu fahren. Wäre ja auch zu typisch für uns, an der eigenen Hochzeit zu spät zu kommen. Es blieben uns dann sogar noch ein paar Minuten für die obligaten Fotos zu denen Patrizia sogar noch wie eine griechische Göttin bekränzt wurde (oder wie hiess der Typ nochmal, der mit den handgeschriebenen Plakaten durch Luzerns Gassen wandelte? :-).

Im Rathaus zu Luzern gaben sich dann Punkt vierzehn Uhr dreissig Mann und Frau das Ja-Wort. Das Ganze lief recht locker ab, was eigentlich auch zu erwarten war bei einem Brautpaar in Trekking-Klamotten. Küssen, Ringe austauschen, unterschreiben und die ersten herzlichen Gratulationen entgegen nehmen. Nun reisen wir also nicht mehr nur mit, sondern offiziell auch als Tandem durch's Leben!

Draussen erwartete uns ein voll bepacktes Tandem, von dem man allerdings nicht mehr viel sah, so schön üppig war es geschmückt. Fläggli, Just-Married-Banner, Ballon, Blumen - eine Wucht, was hier die Helfershelfer angestellt hatten, während wir drinnen bibberten, dass der Partner auch ja die richtige Antwort gibt... Mit der Familie ging es dann zum Vorapéro wo uns sogar eine "rustikale" Hochzeitstorte erwartete. Und obendrauf thronte erst noch der obligate "Wanderpokal".

Bis jetzt wurden wir überrascht von den netten Gesten, die die Heinzelmännchen immer wieder aus dem Ärmel zauberten (und es sollte noch nicht vorbei sein!), aber als wir mit Büchsen-Geschepper unter der Egg vorfuhren, konnten auch wir die Gäste unseres Abschieds-Apéros überraschen. Manche dachten erst an einen Witz, als sie unser Tandem und das grosse Plakat sahen. Es war schön, nochmals von all unseren Freunden Abschied zu nehmen, dem wohl klingenden Schränzen der BFF unter den Arkaden des Rathauses zu lauschen, auf das Luzerner Panorama im Abendlicht zu schauen (kamen wir überhaupt dazu?). Würstli, Glühwein, eine letzte Umarmung, gute Wünsche, ein paar Tränen verdrücken und tschüss!

Mit kräftigem Geschepper und einer Stunde Verspätung fuhren wir los und bezogen in der Nähe des Bahnhofs unsere grandiose Hochzeitssuite, liebevoll dekoriert mit Rosen, Kerzen und eisgekühltem Champagner. Selbstredend, dass dazu eine Cervelat am besten passte. Für uns hatte die Fortsetzung unserer Reise nun definitiv begonnen.

VenedigHoneymoon in der Stadt der Verliebten

Um ein Haar hätten wir den Zug verpasst. Um zehn Uhr sassen wir noch am reichhaltigen Frühstücksbuffet, unsere Sachen noch nicht gepackt, um zehn Uhr zwanzig fuhren wir mit dreissig Sachen auf's Perron, wurden natürlich kräftig angeschnauzt und um zehn Uhr einundzwanzig fuhren wir los Richtung Süden. So, ab jetzt konnten wir es geniessen und zurücklehnen. Luzern - Venedig, ohne Umsteigen. Auf der Fahrt in die Lagunenstadt konnten wir endlich in aller Ruhe die letzten Tage Revue passieren lassen. Sie waren gespickt mit Eindrücken, die uns erst nach und nach ins Bewusstsein rückten. Das Wetter war frühlingshaft, als wir durch die Poebene tuckerten und um ein Haar wären wir in Padua ausgestiegen, um aufs Velo zu steigen. Wir fuhren aber dann doch bis zur Endstation. Den Göppel gepackt, den Traveller-Tunnelblick geradeaus gerichtet fuhren wir Richtung Ausgang als rechts am Bildrand zwei vertraute Gesichter auftauchten, die irgendwie nicht hierher passten. Musste wohl irgendein Flashback von gestern sein. Als die Erscheinung aber partout nicht verschwinden wollte, drehten wir doch noch unsere Köpfe und sahen in die verschmitzten Gesichter unserer Trauzeugen! Wir brauchten einen Moment, bis wir dies realisierten und müssen wohl etwas verstört dreingeschaut haben. Welche Überraschung!

Die Zimmersuche erübrigte sich und wenig später stürzten wir uns unter Sandros Führung in Venedigs Nachtleben. Der Zwanzig-Stunden-Blitzbesuch beinhaltete das volle Programm: Nachtessen in einem gemütlichen Ristorante an einem kleinen Canale, Vino Rosso in diversen Qualitäten, Grappa an der Bar um die Ecke, trockene Weissbrot-Kreuzchen zum Zmorgen, Gelati, Panini mit Crudo, mit dem Vaporetto durch den Canale Grande, einen Cappuccino mit Lagunenblick auf der Piazza San Marco und wehende Taschentücher zum Abschied. So plötzlich wie unsere "Flitterwochen-Einstiegshelfer" aufgetaucht waren, so schnell waren sie wieder verschwunden. Wir haben diese kurze aber intensive Zeit genossen, um noch einmal so richtig Abschied zu nehmen. Es war so cool – Danke!

So, jetzt waren wir definitiv auf uns alleine gestellt und mussten unseren Weg auch ohne Sändu durch die Gassen Venedigs finden. Und dies machten wir in den nächsten Tagen ausgiebig. Man kann in dieser Stadt wohl tagelang umherwandern und enteckt immer wieder neue Ecken, Plätze, Brücken, Kirchen, Kanäle und Gelati-Stände. Sich einfach in ein Café setzen und dem geschäftigen Treiben auf den Canali zusehen. Baumaschinen, Möbeltransporte, DHL, der Pöstler, der Eismann, Polizei, Ambulanz, alles ist hier auf dem Wasser unterwegs. Dass die Stadt nicht sehr velotauglich ist, wurde uns spätestens dann klar, als wir unser voll beladenes Tandem über drei grosse Brücken (= Treppenstufen) zum Fährhafen schleppen mussten.

Patras - AthenDurch den Peloponnes

Die Überfahrt nach Griechenland dauerte zwei Nächte, in denen wir unsere Matten und Schlafsäcke im Gang hinlegten und im leisen Brummen der Motoren schliefen. Tagsüber ordneten wir unser Gepäck und holten ein paar Kleinigkeiten nach, für die zuhause am Schluss die Zeit fehlte. So verging die Passage im Flug, ohne dass wir viel an Deck rumlungerten. Bis auf ein paar Lastwagenfahrer hatten wir die Riesenfähre für uns alleine.

Wir fuhren aus dem Bauch des Schiffes in dunkle Nacht. Symbolisch liessen wir unseren "Just Married"-Ballon steigen und wünschten uns eine gute Reise. Es war sechs Uhr früh und die Stadt noch nicht erwacht. Wir nutzten die Gelegenheit und fuhren direkt aus dem sonst verkehrsstrotzenden Patras Richtung Süden. Eigentlich wollten wir ja bloss ein paar Kilometer weit und uns dann ein Hotelzimmer suchen, aber irgendwie waren die Hotels hier etwas sehr dünn gesät oder wir fanden sie schlicht und einfach nicht. Während wir so der Schnellstrasse entlangfuhren, wurden die Kilometer immer mehr und der Morgen immer länger. Nach neunzig Kilometern stachen wir an die Küste und machten dem ersten Radeltag ein Ende. Der Campingplatz war noch nicht in Betrieb, der Besitzer liess uns aber trotzdem rein. Meerblick und rauschende Brandung, eine sternenklare Nacht - so hiess Griechenland uns willkommen.

Tags darauf erreichten wir Olympia, waren also bereits mitten im antiken Griechenland. Wir wanderten durch die Trümmer zerfallener Tempel und stellten uns vor, wie hier tausend Jahre lang alle vier Jahre um Ruhm und Ehre gekämpft und hellenischen Gottheiten gehuldigt wurde. Um sich die Tempel und Anlagen vorstellen zu können, brauchte es allerdings einiges an Fantasie. Über den Ort, wo in heutiger Zeit alle vier Jahre das olympische Feuer entfacht und bis zum Austragungsort getragen wird, stolperten wir aus Versehen, so unscheinbar war er.

Die Durchquerung des Peloponnes war ziemlich hügelig aber es gefiel uns je länger je besser. Wir fuhren vorbei an Olivenhainen, soweit das Auge reichte. Orangen- und Zitronenplantagen, oft war es aber karg und nur Schafe und Ziegen weideten an den stotzigen Hängen. Der Wind meinte es nicht sonderlich gut mit uns, sodass wir eher langsam vorankamen. Zu pressieren hatten wir ja nichts und so bestimmte die Tageszeit und unsere Muskeln den Ort der Übernachtung. Wo und wann wir das Gefühl hatten "genug für heute!", schlugen wir unser Zelt auf, kochten Spaghetti und verbrachten die Nacht.

Über den letzten windumtobten Pass und wir sahen das Meer. Es folgte eine Schussfahrt in langen Serpentinen und es gab Mittagsrast auf einem Bänklein am argolischen Golf. Wie meistens gab es frisches Brot, Oliven und leckeren Fetakäse. Die nachfolgenden Tage quartierten wir uns in Nafplio ein, einem bunten Hafenstädtchen. Tagsüber fletzten wir uns am Quai in die stylischen Lounge-Sofas und schlürften eisgekühlten Cappuccino oder Jus, während wir uns abends in der Taverna griechische Spezialitäten auftischen liessen. Griechischen Wein dazu, versteht sich. Ferienfeeling.

Dann standen uns noch zwei Etappen bis Athen bevor. Wir überquerten den Kanal von Korinth, diese tiefe Schneise, die hier in den Fels gehauen wurde, damit die Schiffe gemütlich vom Mittelmeer in die Ägäis schippern können, ohne mühsam über die sechs Kilometer breite Landenge geschleift zu werden (wurde früher wirklich gemacht!). Viel Verkehr hat es, wohl dank den nicht mehr so riesenfrachtermässigen Abmessungen nicht mehr, wir sahen auf jeden Fall leider kein einziges Schiff. Wir schlängelten uns der felsigen Küste entlang, bis wir quasi mitten durch stinkende Raffinerien und riesige Hochseehäfen fuhren. Das letzte Stück verbrachten wir mangels Alternativen auf einer Schnellstrasse und teilten uns die Fahrbahnen mit etwa einer Million Autos und Lastwagen, aber keinem einzigen anderen Velo. Wir wagen gar nicht daran zu denken, wie es ausgesehen hätte, wenn nicht zufälligerweise Sonntag gewesen wäre. Nach einem kurzen Halt zwecks Nahrungsaufnahme kurvten wir in die Innenstadt und von Hotel zu Hotel, bis wir eine vernünftige (= zahlbar, velotauglich und zentral) Unterkunft fanden.

AthenAlte Steine

So, nun hiess es Steine-Gucken. Mit einem Multi-Entry-Ticket bewaffnet klapperten wir die hellenischen und römischen Ruinen ab, die hier aus der Millionenstadt sprossen. Na, wir würden ja nicht sehr weit gehen, um ein paar tausendjährige Steine anzusehen, noch dazu, wenn sie bloss ein bisschen verstreut auf einer Wiese liegen (die man natürlich nicht betreten darf) während rundherum der Verkehr dröhnt. Aber in Athen mussten wir das natürlich. Obwohl uns die Gassen, touristisch zwar, aber ganz nett, ebenfalls zusagten. Bloss, die Freude an dem gemütlichen Kaffee auf einer netten Plaza, die wurde uns durch die horrenden Preise etwas getrübt. Dagegen sind Schweizer Restaurants aldimässig - wir sagen's euch. Also da wären wir ja grad ein bisschen beim Thema: Griechenland war für uns Globetrotter eigentlich viel zu teuer. Der letzte Aussenposten der EU und des Euro halt. Jaja, schon klar, es kommen bestimmt wieder günstigere Länder, das wissen wir selber, aber wenn einem sein Erspartes, das ja noch für ein, zwei Jahre reichen sollte, in einem solchen Affenzahn durch die Finger rinnt, dass man schon fast Blasen davon kriegt, ist das schon nicht so super. Ganz allgemein waren wir noch nicht so auf Reise-Touren gekommen bis jetzt. Griechenland war bestimmt ein easy Start, aber vielleicht eher etwas zu "easy". Zu sehr wie zuhause, zu wenig "exotisch", zu anonym. Wir zweifelten sogar schon an unserer Reisetauglichkeit. Irgendwie klapperten wir dieses Land ab, ohne, dass es uns so richtig zu faszinieren vermochte. Es war, als machten wir eine Geschäftsreise, die sich weder verschieben, noch abbrechen liess. Das tönt jetzt vermutlich etwas krass, aber so war es halt. Wir mussten was ändern, es konnte doch nicht sein, dass wir keine Freude mehr am Reisen hatten! Statt im Griechenland-Reiseführer zu blättern, nahmen wir den türkischen zur Hand... Gut. Eine Chance wollten wir dem Land aber trotzdem noch geben. Raus auf die Insel!

Natürlich nicht, ohne vorher das vermeintliche Highlight eines jeden Athen-Besuchs zu bewundern: die Akropolis. Wir gingen extra früh auf, um vor dem grössten Rummel auf dem Hügel zu sein. Mussten diesen allerdings nochmals umrunden, bis wir den Haupteingang fanden und vergaben so etwa tausend Startplätze. Nachdem dann auch noch der Rucksack deponiert war (wir hätten ja ein Armierungseisen oder sonst was mitlaufen lassen können), durften wir das Heiligtum betreten. Der Blick war atemberaubend: Baugerüste, Bagger, Kräne, Schaltafeln und Absperrbänder. Himmel nochmal! Als sich der Komplex noch mit dutzenden von Reisegruppen und Schulklassen füllte, war auch noch der letzte Funke einer würdigen Stimmung, die man von einem Besuch der Akropolis erwarten würde, zerstoben. Schade, schade.

Schade um die EU-Millionen, die hier verbuttert wurden, schade vor allem für die Besucher, die hier so gut wie nichts zu sehen kriegten, ausser einer grossen Baustelle. Und Archäologen natürlich. Ganz ohne Eile kann man hier jahrein, jahraus werkeln, pinseln und jeden Kieselstein zum x-ten Mal ausmessen. Steine und Bruchstücke davon katalogisieren und immer mal wieder neu zusammen setzen. Kein Witz! Jetzt haben sie doch vor ein paar Jahren herausgefunden, dass bei einer früheren Restaurierung ein paar Säulen falsch zusammengesetzt wurden. Hat zwar prima ausgesehen, auf den Millimeter gestimmt und auch gehalten. Man kann zwar von blossem Auge keine Unstimmigkeiten feststellen, aber eben, es ist nicht korrekt. Und das ist natürlich sehr, sehr schlimm. Also begann man vor fünfzehn Jahren damit, die ganze Chause umzuschichten und - man höre und staune - diese Arbeit wird sich noch etwa zwanzig Jahre hinziehen. Und das ist erst die Schätzung. Im Klartext heisst das, dass zwei Generationen die Akropolis bloss hinter Gitter bestaunen können. Ob sich das wirklich lohnt? Kann man denn nicht einfach die Steine liegen lassen, wo sie sind? An allen Ecken und Enden werden hier nämlich sogar noch Steine neu angefertigt, damit man eine Mauer wieder ein paar Zentimeter höher ziehen kann. Denn irgendjemand hat irgendwo wieder ein Steinfragment gefunden, von dem man genau weiss, wo es hingehört, bloss, dass man die paar hundert darunterliegenden Steine nicht findet. Und da man das Steinchen ja nicht so einfach in die Luft hängen kann, muss man halt wohl oder übel neue Steine pickeln. In zweihundert Jahren sieht der ganze Komplex dann wohl wieder so aus, wie vor zweitausend Jahren. Wir meinen, das ist ein absoluter Blödsinn und man hätte definitiv mehr davon, wenn diese Stätten einfach so gelassen würden, wie man sie ausgebuddelt hat. Dann hätten man wenigstens noch was von der Aura der Antike. Kirchen, Brücken oder Gebäude restaurieren, die noch verwendet werden, das ist ja eine schöne und nützliche Sache, aber Ruinen?

SantoriniInseltrip mit Folgen

Zum Weiterreisen suchten wir uns so ziemlich den schönsten Tag aus: Es schiffte von morgens bis abends in Strömen. Wir packten trotzdem unsere ganze Habe und setzten uns fast die ganze Zeit über in ein Starbucks Coffee, wo es so richtig grosse Jumbotassen gab. Und Wireless LAN (drahtlos Internet auf Deutsch). Genau richtig, um ein bisschen Emails abzuarbeiten und Ansichtskarten zu schreiben. Gegen Abend fuhren wir im noch immer strömenden Regen zum Hafen von Piräus. Mitten durch die Stadt und einmal mehr fiel uns auf, wir rücksichtsvoll die Auto- und Lastwagenfahrer hierzulande waren. Die krochen ganz ohne zu murren mit zwanzig, fünfundzwanzig Sachen hinter einem her. Ohne zu hupen! Und überholt wurde erst, wenn sich eine günstige Gelegenheit bot - und nicht bloss "irgendeine" Gelegenheit, wie das anderenorts häufig der Fall ist.

Wir waren also hochseemässig eingepackt in unseren Regenklamotten, standen am Hafen, bereit, unser Gefährt auf die Fähre zu verladen, nur um zu erfahren, dass heute keine mehr auslief. Zu schlechtes Wetter. Pah - Badewannenkapitäne! Wegen ein bisschen Wind und Wetter traut sich die grösste Seefahrernation der Welt nicht aus dem Hafenbecken? Wir fanden das ein bisschen lästig, denn es war inzwischen kalt und stürmisch und dunkel. Ergo: Hotelsuche, was nicht mal in dieser Riesenstadt besonders einfach war. Wir fanden doch noch ein abzockermässiges, kauften uns im Supermarkt ein gegrilltes Poulet, hängten unsere nassen Kleider zum trocken auf und verspiesen den Vogel auf dem Bett. Lesen, schlafen.

Der nächste Morgen war eitel Sonnenschein - eine fantastische Aussicht aus unserem Luxuszimmer, Balkon mit Meerblick. Ein Griff zum Telefon verhiess aber dennoch nichts Gutes: keine Fähren heute Morgen. Hä? Eine Stunde und zwei, drei Telefonate später hiess es dann doch wieder, ja vielleicht. Wisst ihr was? Wir kommen doch am besten persönlich vorbei. Und siehe da, dreissig Minuten später sausten wir in einem Affenzahn aus dem Hafenbecken mit Richtung Kykladen. Cool - Schefflifahre! Wir bretterten mit unserem Speedboat über die See, machten zwei kurze Zwischenstopps und waren fasziniert wie fix das Ein- und Auslaufen hier von statten geht: Reinfahren, im letzten Moment das Heck rumziehen, Rückwärts einparken, Taue über die Poller ziehen, ein bisschen an Ort und Stelle "motörelen", während die Sattelschlepper über die hin- und herschwankende Gangway an Land fahren. Sieht alles ganz locker aus für einen achtstöckigen Riesenpott. Nun sahen auch wir ein, dass allzu viel Wind, das eine oder andere Anlegemanöver wohl vereitelt hätte.

In Santorini gingen wir an Land und als wir so die Klippe raufschauten und die Sonne untergehen sahen, kam uns das Angebot eines Abschleppers, uns mit Sack und Pack in die gut zehn Kilometer entfernte, vor allem aber ein paar hundert Meter höher gelegene Stadt zu transportieren, gelegen. Santorini ist ja eigentlich ein recht überlaufener Jetset-Flecken in der Ägäis, doch jetzt, vor der Saison war es sehr angenehm. Allenthalben wurde gepinselt, Matratzen ausgeklopft, Fenster geputzt, Böden gefegt und Schaufenster neu dekoriert. Und alles in einer Gemütlichkeit, die auch noch Zeit für einen Schwatz und einen Kaffee zuliess. Die Leute waren gut drauf und voller Energie für die kommende Saison. Wir waren eine knappe Woche dort und täglich nahm die Touristenzahl zu, aber immer im grünen Bereich. Tagsüber kurvten wir mit dem Tandem auf dem kleinen Eiland rum oder streiften durch die schmalen blau-weiss getünchten Gassen der kleinen Orte und genossen die grossartige Aussicht auf den versunkenen Krater bei einem Kaffee oder einem Bierchen.

Um den "schönsten Sonnenuntergang" von Santorini auch wirklich zu geniessen, verbrachten wir eine Nacht am Nordende der Insel und wanderten der Caldera entlang dorthin. Als wir wieder zurückkamen, war dann aus mit eitel Sonnenschein. Ein aufgelöstes Zimmermädchen reiferen Alters beichtete uns, dass ein Teil des Gepäcks während unseres Ausfluges weggekommen sei. So ein Mist! Die gute Seele wollte nur unseren Krempel vom abgeschlossenen Lagerraum in das für uns reservierte Zimmer zügeln und liess die beiden Taschen schon mal im Hof stehen, während sie für nur "fünf Minuten" was andres erledigte. Und als sie zurückkam: Verschwundibus!

Es kam uns ja schon ein wenig suspekt vor, denn welcher dreiste Dieb kommt schon zufällig gerade im richtigen Augenblick an einer kaum begangenen Gasse an unserem Innenhof vorbei, schnappt sich aufs Geratewohl zwei knallrote Velotaschen und macht sich, ohne, dass ihn jemanden sieht, auf nimmer wiedersehen aus dem Staub. Und das Ganze binnen nur fünf Minuten. Aber vielleicht waren es ja auch zehn? Eine Anhäufung dummer Zufälle oder nicht, Tatsache war, dass ein guter Teil unserer Habseligkeiten weg war und der Glückstreffer für den Dieb schlechthin: Auch unser Laptop war darunter. Wir hätten dem alten Fraueli natürlich am liebsten den Kopf umgedreht, aber sie röchelte auch so nur noch, sodass wir gnädigerweise davon absahen und statt dessen zur Polizei gingen.

Insgesamt verbrachten wir bei nicht weniger als vier Besuchen etliche Stunden auf dem Posten und inhalierten so ein Jahreskontingent an Nikotin und Teer. Da wirkten die langen Spaziergänge durch die dunkleren Gassen, Baustellen, Keller, Bretterverschläge und Abbruchgebäude reinigend auf die Bronchien, auch wenn wir nirgends auch nur einen roten Zipfel, der aus einer Mülltonne oder einem Graben lugte, fanden. Nun, auch wir würden das Diebesgut nicht gerade in der Nähe zerpflücken, aber untätig rumsitzen konnten wir einfach nicht. Wir kleisterten die Stadt mit Handzetteln voll, gingen zu Radio und Fernsehen und von überall her schlug uns eine Welle der Solidarität entgegen - nur nicht von den Hotelbesitzern. Diese wuschen ihre Hände in Unschuld und schoben die Verantwortung auf das Zimmermädchen ab. Die Diskussionen mit den Managern wurden immer hitziger und lauter und nach drei Tagen zähen Ringens und kurz bevor der Hotelmanager handgreiflich wurde (Brös und seine Nasenhaare quasi auf Tuchfühlung) einigten wir uns auf einen Deal. Die Geldübergabe fand auf ihren Wunsch vor einem Notar statt. Dass der Fötzel mit der Androhung einer Fünfzigtausend-Euro-Busse, falls wir schlecht über das Hotel plaudern würden, höchstens zum Einwickeln des Znünibrots taugte, merkten auch wir und im Vertrauen sagte uns der Advokat, dass wir einen sehr guten Deal ausgehandelt hätten.

Die Kopie des Polizeirapports aus dem grossen dicken Buch und vom Oberchef persönlich unterschrieben und gestempelt hatten wir in der Hand, das Geld ebenfalls, es hielt uns also nichts mehr auf der Insel. Als "Dank" für die Unannehmlichkeiten die uns das Hotel beschert hatte wurden wir fünf Minuten später auch noch rausgeschmissen. Nicht, dass wir noch freiwillig eine Minute länger geblieben wären. Es hätte uns nicht erstaunt, wenn man uns Kampfhunde oder Wegelagerer hinterher geschickt hätte. Zwei Stunden später legte die Fähre ab und wir konnten aufatmen.

Santorini - Athen - IstanbulAkropolis adieu

Die Nacht hindurch schipperten wir zurück nach Piräus und fuhren in der Früh nach Athen. Wir wollten das viele Bargeld so schnell wie möglich los sein, doch nicht einmal die grosse Schweizer Bank mit den drei Buchstaben unterhielt hier mehr als ein "Repräsentationsoffice". Sprich, schönes Büro mit schönen Sekretärinnen, aber ohne nützlichen Schalter. Und dafür hortet man das Geld nun extra bei diesen Abzockermanagerlöhnezahlern. Die Regiobank unterhält wohl genauso viele brauchbare Filialen im Ausland, nämlich keine. Kurz und gut, wir mussten eine etwas spesenintensivere Variante des Geldtransfers wählen. Viel mehr machten wir dann in Athen nicht mehr, ausser stundenlang im Internetcafé sitzen. Wir mussten ja eine Liste zusammenstellen, damit uns die lieben Heinzelmännchen zuhause wieder mit neuer Ware versorgen konnten. Und das war ja nicht grade wenig - erstaunlich, was in zwei Velotaschen alles Platz findet. Fotos gingen zum Glück bloss ein paar wenige verloren und was sonst noch so auf der Festplatte steckte und nirgends auf einem Backup, werden wir wohl erst rausfinden, wenn wir eben genau diese Dateien wieder brauchen. Mögen es möglichst gar keine sein. Blöd nur, dass all die schönen neuen Kleider von Brö wohl ihren vorzeitigen Lebensabend als Putzlappen verbringen und er sich vorderhand die Unterhosen mit Patrizia teilen musste.

Per Nachtzug fuhren wir nach Thessaloniki, machten einen Tag Pause um noch das Letzte aus Griechenland rauszuholen (vor allem kulinarisch – und zumindest da hatte Griechenland ja schon einiges zu bieten) und tags darauf ging's mit dem Nachtbus direkt nach Istanbul. Ein so abruptes Ende hätten wir uns nun doch nicht ausgerechnet, aber wir hatten ein wenig die Nase voll und fürs Velofahren mussten wir uns ja mit minimiertem Gepäck erst wieder etwas organisieren. Wir werden Griechenland in diesem Bericht vielleicht nicht so ganz gerecht, aber so haben wir es halt erlebt. Punkt.



17.11.11 Geraldton, Australien

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